Wiederkehr und Aufbruch – das sind zwei Assoziationsfelder, in denen sich die diesjährige Kunst/Mitte festpinnen lässt. Wiederkehr deshalb, weil es sich unter denjenigen, die in den vorherigen Jahren schon ausstellten, fast ein bisschen wie ein Klassentreffen anfühlte. Zwar zog die mitteldeutsche Kunstmesse in diesem Jahr zahlreiche neue Ausstellende an, dennoch durfte man in vielen Kojen auch in bekannte Gesichter blicken. Ob neu oder alt wurde auch dieses Mal wieder gemeinsam getrunken, geraucht und gelacht. Es ist schön, dass die Veranstalterinnen und Veranstalter es geschafft haben, ein solch feines Netzwerk um die Messe zu weben. Hier unterstützt man sich lieber, anstatt um Käufer*innen zu buhlen, die Ellbogen werden höchstens zum Aufstützen nach einem langen Messetag ausgefahren.
Und doch ist eben nicht alles beim Alten geblieben. Alleine schon der Umzug der Kunst/Mitte aus dem Salbker Turmpark in die neue Location, das AMO Kulturhaus in der Stadtmitte, lässt sich als großer Umbruch nicht leugnen. Ja, man erinnerte sich an die heimelige Atmosphäre des Wasserturms, den Garten, den selbst gemachten Couscoussalat. Und ja, das Unfertige, Brüchige, in das die Kunst hineinwuchern konnte, war schön. Aber man muss auch sagen – was die Messe an Behaglichkeit eingebüßt hat, hat sie an Professionalität hinzugewonnen. Das spiegelte sich dieses Jahr nicht nur in der Hochkarätigkeit der ausgestellten Arbeiten, sondern auch in dem die Messe begleitenden Rahmen-Programm wider – so wurde wieder eine exklusive Abendveranstaltung für Sammler*innen ausgerichtet, ein Preis für junge Künstler ausgeschrieben, das AiR-Kolloquium realisiert und auch der performative Zweig der zeitgenössischen Kunst gewürdigt.
Und die Kunst selbst? Insgesamt war in diesem Jahr viel Konzeptionelles, Anstößiges, Sprödes, Raffiniertes und Feinfühliges dabei. Beispielsweise die Drucke des aus Halle stammenden Künstlers Philipp Haucke, der es schafft, ein zunächst so banal anmutendes Motiv wie eine Schale mittels Mezzotinto-Verfahren in eine tiefendimensionale, die Betrachter verschlingende Reflexion zu verwandeln. Oder das Kunstprojekt „MADE BY US“ des Künstlerduos Saori Kaneko und Richard Welz, die sich in ihren zarten Schwarzweiß-Fotografien mit der Katastrophe von Fukushima auseinandersetzen. Ebenso erwähnenswert die „Fratzenbilder“ des Berliners Peer Kriesel und das Hallenser Künstlerkollektiv BLECH aus dem Young Artist Space der Messe – einem ausschließlich von jungen Galerien und Künstler*innen bespielten Raum, der dieses Jahr zum dritten Mal eingerichtet wurde.
Die fünfte Kunst/Mitte war mutig und ist in vielerlei Hinsicht sehr gut gelaufen. Dass es Magdeburg selbst als Kunstort schwer hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Es fehlt zwar nicht an Interesse, aber an Zugkraft – sodass auch Besucher*innen aus anderen Bundesländern kommen. Und es fehlen künstlerische und kulturelle Studiengänge, die noch mehr junge, kreative Köpfe in die Stadt locken. Und trotzdem oder gerade deshalb sollte man den Hut vor den Veranstalter*innen ziehen, weil sie es aller Widerstände zum Trotz schaffen, die Messe nicht nur jedes Jahr stattfinden, sondern auch weiter wachsen zu lassen – weil sich da etwas tut, wo man manchmal glaubt, es herrsche Stillstand. Weil zu guter Letzt nicht nur die Messe selbst, sondern die ganze Stadt mit ihr wächst. Und weil eben doch alle immer wiederkommen wollen.
PS: Abonnieren Sie unseren Newsletter, wenn wir Sie über Kunst und Kultur in Mitteldeutschland auf dem Laufenden halten sollen.