Ernie und Bert sitzen mit dem Rücken zum Fenster, als wollten sie demonstrativ ihre Blicke vor dem abwenden, was da auf der Straße vor sich geht … Ein verlorener Handschuh ist, die „mano cornuta“ – auch bekannt als Pommensgabel, Metalhand oder Teufelshörner – zeigend, über einen Pfosten am Straßenrand gestülpt … Andernorts bahnt sich ein Ahorn seinen Weg am Fuße einer Treppe, als wolle die Natur die Stadt zurückerobern. Diese alltäglichen Beobachtungen hält Manuel Kolip in Mischtechnik auf Holz fest und gibt dem Normalen, Unauffälligen so eine Bühne – von architektonischen Details bis hin zu ungewöhnlichen Blickwinkeln.
Die Malerei habe ihn sein gesamtes Leben begleitet, sagt der gebürtige Ravensburger. „In der Schule hatten wir einen ehrgeizigen Kunstlehrer und ich habe mich an der Theater-AG beteiligt, in der wir altersübergreifend an unterschiedlichen Projekten arbeiteten. Dort war ich nicht schauspielerisch involviert, sondern für die Ausstattung zuständig.“ Und so entschied sich Manuel Kolip Szenographie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe zu studieren. „Für den Trickfilm in klassischer Stop-Motion-Technik habe ich ein besonderes Faible entwickelt. Leider ist dabei das Thema Malerei in den Hintergrund gerückt.“
Bereits während des Studiums realisierte Manuel Kolip erste Bühnenbilder am Kammertheater Karlsruhe und wurde nach seinem Diplom als Bühnenbildassistent für mehrere Spielzeiten am Staatstheater Karlsruhe engagiert. 2015 wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und ist seither an unterschiedlichen Theatern und Opernhäusern im deutschsprachigen Raum als Bühnen- und Kostümbildner sowie als Videodesigner tätig. „Kunst und Kreativität spielen dabei natürlich auch eine Rolle, sind aber eher Mittel zum Zweck“, schildert der gebürtige Ravensburger und fügt an: „Erst während der Corona-Pandemie, als wir mit unserer Arbeit am Theater ausgebremst wurden, habe ich zur Malerei zurückgefunden und mich diesem Hobby verstärkt gewidmet.“
Die menschenleeren Straßen, das Plus an Zeit, das er plötzlich zur Verfügung hatte – all das veränderte seinen Blick auf die Stadt. „Aus diesem Grund habe ich angefangen, bestimmte Dinge zu fotografieren, Stimmungen, kleine Details festzuhalten. Und daraus sind dann kleinformatige Gemälde entstanden.“ Oft gehe es ihm um bestimmte Kompositionen, um Symmetrie oder um Farbkombinationen „Meist sind es auch Dinge, die einen Bruch in sich haben, die ich lustig finde und zu denen ich mir eine Geschichte ausdenken kann – was vermutlich der Arbeit am Theater geschuldet ist“, erzählt Manuel Kolip. „Manchmal haben meine Werke auch einen dokumentarischen Hintergrund, weil ich weiß, dass die Dinge wieder verschwinden.“
Auch wenn seit der Corona-Pandemie das Kulturleben – und damit die -arbeit – wieder Fahrt aufgenommen hat, ein Leben ohne die Malerei kann sich der gebürtige Ravensburger nicht mehr vorstellen. „Malen ist eine einsame Arbeit. Die Tätigkeit am Theater ist das völlige Gegenteil. Und es tut gut, diese Balance zu haben.“ Erstmals stellt Manuel Kolip seine Werke bei der diesjährigen KUNST/MITTE vom 22. bis zum 25. August 2024 in Magdeburg aus. Eine gute Gelegenheit, um mit ihm über Kunst, Kultur und Kreativität ins Gespräch zu kommen. (Tina Beddies-Heinz)
PS: Abonnieren Sie unseren Newsletter, wenn wir Sie über Kunst und Kultur in Mitteldeutschland auf dem Laufenden halten sollen.