Langsam rollt der Ball über den Boden, dem David Niedermeyer soeben einen sanften Tritt verpasst hat, bis er am Ende des langen Flures gegen auf ein an der Wand lehnendes Skateboard trifft und endgültig an Geschwindigkeit einbüßt. Reglos bleibt der Ball zwischen zwei Türen liegen. Die linke Tür führt in einen Raum, in dem ein großes Gemälde auf einem Tisch liegt und auf seine Vollendung wartet. „Das Rechteck habe ich schon vor längerer Zeit aufgetragen. Aber dann war ich mir nicht sicher, wie ich damit fortfahren soll und ließ es eine Weile ruhen“, erklärt David. Hinter der Tür, die am Ende des Flurs in den Raum rechterhand führt, verbirgt sich ein Atelier mit zahlreichen unfertigen Gemälden, die gegen die Wand gelehnt wurden oder auf dem Boden liegt. „Eigentlich ist das eine Küche. Da wir hier aber nicht so viel brauchen, reicht uns die Küchenzeile an der einen Wand und im Rest des Raums können wir uns austoben“, führt der gebürtige Magdeburger weiter aus.
Mit „wir“ meint David Niedermeyer sich und seinen Geschäftspartner Kai Krause. Gemeinsam haben die beiden vor acht Jahren die Agentur Formflutdesign gegründet. In den lichtdurchfluteten Zimmern ihres Stadtfelder Arbeitsplatzes ist genug Raum für Kunst. Nicht nur im Atelier, auch auf dem Flur hängen Gemälde, ebenso im Büro. Obwohl David als studierter Produktdesigner kreativ tätig ist, sieht er sich nicht vorrangig als Künstler. „Ich muss nicht von der Kunst leben. Vielmehr brauche ich die Kunst, um zwischendurch mal abschalten zu können. Wenn ich das Bedürfnis habe, weg vom Computer zu kommen und etwas mit den Händen zu schaffen, dann stehe ich von meinem Arbeitsplatz auf und widme mich den Farben und Formen auf der Leinwand“, begründet der 47-Jährige seine Sichtweise. „Oder baue den passenden Rahmen dazu.“
Dass er sich für Kunst, für Farben und Formen interessiert, liegt auch in seinem Aufwachsen begründet. „Ich war früher von den bunten Plattencovern fasziniert. Keine Ahnung, wie mein Vater die zu DDR-Zeiten beschaffen konnte, aber ich fand die bunten Bildchen cool. Und ich wollte das auch können. Also habe ich angefangen, die Motive nachzuzeichnen“, erzählt David, während im Hintergrund Heavy Metal läuft. „Später kam die Faszination für andere Dinge hinzu – beispielsweise die Arbeit von HR Giger, der die Wesen und Kulissen für die Alien-Filmreihe entworfen hat. Ich habe alles, was mich interessierte, recherchiert und bin dann planlos in Dinge reingetappt.“ Das gelte auch für andere Lebensbereiche, fügt der Produktdesigner mit einem Augenzwinkern hinzu.
Für die Farben und Formen, die er auf die Leinwand bringt, lässt sich dies allerdings nicht konstatieren. „Manchmal denke ich ziemlich lange über einen einzelnen Strich nach. Wo setze ich ihn? Wie ziehe ich ihn? Das mag albern klingen, aber am Ende möchte ich mit meinem Werk auch zufrieden sein.“ Und Zufriedenheit bringen ihm derzeit vor allem großflächige Gemälde. „Es ist nicht so, dass ich meine Sachen von früher furchtbar finde, aber die Welt ist so anstrengend, es prasseln ständig irgendwelche Eindrücke auf uns ein – vor allem in digitaler Form. Da hilft mir die Kunst, etwas Ruhe in mich selbst zu bringen. Und gerade deshalb mag ich die großflächigen Gemälde mit ausgewählten Farbakzenten, weil sie beruhigend wirken“, resümiert David Niedermeyer. „Wie die Besucher der KUNST/MITTE darauf reagieren, wird sich Ende August zeigen …“ (Tina Beddies-Heinz)
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