KUNST/MITTE Notes

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Unübersichtlich, unberechenbar, vielseitig

09.09.2020, kompakt redaktion

Wimmelbilder in Blau, Rot, Gelb und Grün – so könnte man die Gemälde von Veronika Spleiss beschreiben, wenn man sie nur flüchtig, oberflächlich betrachtet. Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich geometrische Formen in unterschiedlichen Farben, schwarz konturiert. Hin und wieder ist noch Platz für Weiß. Lebendig und farbenfroh sind die Werke der 1993 in der estnischen Hauptstadt Tallinn geborenen Künstlerin. Der Kontrast zwischen Schwarz und Weiß und den satten Farben zieht in seinen Bann – als sei er Ausdruck für ein Changieren zwischen Chaos und Ordnung. „Meine Arbeiten beziehen sich stark auf die Extreme und die zwischenmenschlichen Beziehungen, sowohl stilistisch als auch theoretisch. Obwohl der Mensch in meinen Werken sehr abstrakt dargestellt wird, hat er eine maßgebliche Bedeutung. Er steht im Mittelpunkt und das in einer Art Chaos. Es ist der Mensch in der Unübersichtlichkeit unserer Zeit. Doch hat diese Unübersichtlichkeit ihre inhärente Ordnung und Harmonie, die erst bei weiterem kontemplativem Sehen aufkommt“, schildert die Malerin, die in München und Passau lebt und arbeitet. „Es steht wie mit dem Leben selbst. Es erscheint unübersichtlich, unberechenbar und vielseitig.“

Veronika Spleiss – Wegleben

Diese Sichtweise auf die Leinwand zu übertragen – für Veronika Spleiss schlichtweg ein Bedürfnis zu malen – dauert in der Konzeption, Ausführung und Verfeinerung sehr lange. „Teilweise reift in mir eine Idee oder ein Titel, dann wird sie grob skizziert und findet langsam durch die schwarze Farbe Form auf der Leinwand. Ein anderes Mal beginne ich einfach, den Stift zu führen. In diesem Sinne findet kein festgesetzter Prozess statt, er variiert mit jedem Werk“, schildert die 27-Jährige. Bereits im frühen Jugendalter wurde sie von ihrer Großmutter an einer Kunstschule in München angemeldet. „Sie hatte mein Interesse für das Zeichnen bemerkt. An der Kunstschule kam ich mit unterschiedlichen Stilrichtungen in Berührung und begann kontinuierlich zu malen. Fast acht Jahre nahm ich dort Unterricht.“ Für ein Kunststudium fühlte sie sich nach dem Schulabschluss jedoch nicht bereit, weshalb sie französische und russische Literaturwissenschaft sowie politische Theorie in München, Clermont-Ferrand und Passau studierte. Erst danach wendete sich Veronika Spleiss dem künstlerischen Schaffen zu. „Rückblickend war es die richtige Entscheidung anderen Interessen nachzugehen. Die Literatur und philosophische Denkrichtungen nehmen einen zweiten wichtigen Bereich in meinem Leben ein. Sie prägen bewusst und sicherlich oft unbewusst die Entstehung und Sichtweise zu meinen Werken. Zu jedem Werk verschriftliche ich meine Gedanken. Es hilft mir über den Ausdruck zu jedem Gemälde im Klaren zu werden und stellt einen separaten Schaffensprozess dar.“

Ob Acryl, Öl, Lackmarker, Gouache oder Tusche – was bei keinem Schaffensprozess fehlen darf, ist ein guter Kaffee. Sie müsse sich immer wieder in Zurückhaltung üben, da sie sonst zu viel des schwarzen Getränks konsumieren würde, gibt Veronika Spleiss zu. Ebenfalls Teil ihrer Routine ist das Hören bereits gesehener Filme und von Hörbüchern in unterschiedlichen Sprachen oder klassischer Musik sowie ein ordentliches Atelier – zumindest anfangs. „Mit dem Beginn eines Werkes ist mein Arbeitsumfeld immer ordentlich, steigert sich jedoch zu einem irgendwann unübersichtlichen Durcheinander. Denn der Arbeitsprozess besteht aus einem ständigen Suchen – einem Suchen des Bildes in der Leinwand oder nach den richtigen Farben. Mit der Beendigung eines Werkes nach Wochen oder Monaten räume ich meinen Arbeitsplatz wieder für das nächste Werk auf.“ Sofern Veronika Spleiss nicht an mehreren Werken gleichzeitig arbeitet.  (Tina Heinz)

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