KUNST/MITTE Notes

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Orgelmusik für eine Skulptur

07.09.2020, kompakt redaktion

Der Weg zur Kunst war für Bernd Müller nicht der übliche, geradlinige. Denn der 1944 in Overath-Heiligenhaus (Rheinisch-Bergischer Kreis) geborene Bildhauer, der heute in Köln lebt, kam erst nach seiner Ausbildung und dem Studium mit der bildenden Kunst in Kontakt – durch einen Studienkollegen, dessen Vater Mitglied im Rheinisch-Bergischen Künstlerkreis war. „Wir haben ihm geholfen, seine Bilder zu transportieren, zu hängen, zu präsentieren. Daraus entwickelten sich Kontakte zu vielen Künstlern, zur Ausstellungs- und Kunstwelt allgemein“, schildert Bernd Müller. Und aufgrund des intensiven Kontakts mit zahlreichen Künstlern sei schließlich der Wunsch gewachsen, selbst künstlerisch zu arbeiten. 1973 startete der Bildhauer seine Gehversuche als Autodidakt, ließ erste geschweißte Eisenskulpturen entstehen und probierte unterschiedliche Materialien und Techniken aus.

„Neben der Berufstätigkeit blieb kaum Zeit für Ausstellungsaktivitäten, somit habe ich zwar immer künstlerisch gearbeitet, aber nicht ausgestellt“, erklärt Bernd Müller, der als Vorbild für seine künstlerische Tätigkeit Ernst Barlach anführt. Stattdessen kam er auf die Idee, die Räumlichkeiten bei dem großen Versicherungskonzern, für den er tätig war, als Fläche zu nutzen und organisierte mit Unterstützung von Kunsthistorikern von 1972 bis 2000 mehr als 50 große Expositionen für seinen damaligen Arbeitgeber. Mit Eintritt in die Altersteilzeit konnte er sich schließlich verstärkt auf seine künstlerische Tätigkeit konzentrieren, studierte ab 2006 Malerei an der Freien Kunstschule Köln und absolvierte mehrere Ausbildungen – u.a. zum Steinbildhauer in der Bildhauerhalle Bonn und zum Holzbildhauer an der Bildhauerschule Elbigenalp (Österreich).

Bernd Müller – Perspektiven

Bernd Müllers Fokus liegt hauptsächlich auf Plastiken aus Stewalin (Hartgips) und Bronze sowie Skulpturen aus Holz. Ideen für die kreative Umsetzung findet er in der Auseinandersetzung mit dem Alltag, mit dem Tagesgeschehen. „Das plastische Arbeiten bietet mir die Möglichkeit, die Begegnungen, Gedanken und Gefühle aus dem täglichen Umgang mit Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen zu verarbeiten, nachzuempfinden“, legt der Bildhauer dar und fügt an: „Die gesellschaftlichen Themen, die ich aufgreife, sind aktuell und besitzen dennoch Allgemeingültigkeit. Ich zeige Situationen des täglichen Erlebens auf und möchte den Betrachter sensibel machen für das, was ihm oder in seinem Umfeld geschieht. Die Arbeiten erzählen bei näherer Betrachtung Geschichten und laden ein, sich auf eine Reise zu begeben, ihren tieferen Sinn zu erforschen.“

Grundlage für seine Skulpturen und Plastiken sind dabei häufig Skizzen – sowie laute Orgelmusik, viel Mineralwasser und gelegentlich ein guter Wein. Während Bernd Müller andeutet, seine Holzskulpturen lediglich grob aus dem Holzblock herauszuschlagen, wirken die Schilderungen über den Arbeitsablauf für die Skulpturen etwas intensiver. „Je nach Aufbau der Plastik wird ein Stützgestell als Unterkonstruktion hergestellt und der Ton dann aufgebracht.“ Eine andere Möglichkeit sei es, die Arbeit aus dem vollen Tonblock abzutragen. „Anschließend wird um die Tonplastik eine Negativform aus Silikon hergestellt, die noch eine mehrteilige Stützform aus Gips bekommt. In die Silikon-Negativform können unterschiedliche Materialien eingegossen werden. Zum Abschluss erfolgt eine Oberflächenbearbeitung, die dem Werk das Aussehen einer Bronze gibt.“ Für Bronzeplastiken erstellt der Bildhauer Wachsabgüsse, die dann zur weiteren Bearbeitung an den Bronzegießer gehen. Seine Werke tragen Titel wie „Perspektiven“, „Börsenkrach“ oder „Aufstieg“ und einige von ihnen können bei der „Kunst/Mitte“ in Augenschein genommen werden.  (Tina Heinz)

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