KUNST/MITTE Notes

Das Web-Magazin für Kunst und Kultur in Mitteldeutschland.

Von Künstlern und Steigern…

23.02.2019, Wolfgang Krebs

Rainer Bogunski. Malt nicht für Geld, er malt nicht, um die Betrachter zu agitieren, nicht aus Eitelkeit oder Selbstbefriedigung. Er malt, weil er muss. Er malt für sich selbst. Ausstellungen mag er nicht. Selten stellt er seine Bilder aus. Selten besucht er die lärmende, sich selbst präsentierende Öffentlichkeit einer Vernissage.

Rainer Bogunski, Foto: Wolfgang Krebs

Geschwätzige Menschenansammlungen, die Magdeburger Kunstpolizei, Weinschnorrer, Selbstdarsteller, kurz die kunterbunte Füllmasse einer Vernissage sind ihm ein Gräuel.

Trotzdem, er liebt die Menschen genauso sehr, wie er von ihrem Verhalten unangenehm berührt ist. Die Bilder, bei denen er beim Malen auf sich und sein Leben schaut, beeindrucken mich immer wieder auf ein Neues. Vielmehr als die, in denen er sich über die Absurditäten des Lebens auskotzt. Ab und an überkommt es ihn und er spritzt mit Pinsel und Farbe gegen die Windmühlen der Gesellschaft an. In der übrigen Zeit malt er zutiefst persönliche, intime Bilder. Manisch arbeitet er in seinem gemütlichen Atelier oft gleichzeitig an mehreren Leinwänden.

Es bewegt ihn so viel. Familie, seine Vergangenheit, Erlebnisse, die für einen sensiblen Menschen schwer zu verarbeiten sind, die ihn zum Kämpfer machten, ihn in ein mentales Exoskelett hüllten. Er redet ehrlich, so wie er fühlt, manches Mal grob, erschüttert, wütend, dann wieder feingeistig, liebevoll, manches Mal philosophisch. Ebenso malt er auch. Durchaus ist er in der Lage, mit Pinsel und Farbe poetisch, gefällig oder fotorealistisch etwas hinzupinseln. Jedoch braucht er dies nicht, um sich auszudrücken, er möchte es auch nicht. Es entspricht nicht seinem Wesen. Seine Art zu malen, auf den Punkt gebracht, klare Linien, klare Farben mit dem freien Geist eines Kindes, das ist, was er muss, damit fühlt er sich wohl. Er hat sich das nicht ausgesucht. Rot, Gelb, Blau, Grün… so wie es aus der Tube kommt, ohne Fisimatenten, einfach und ehrlich. Er malt für sich, um sich zu wehren, um zu umarmen, sich für immer zu erinnern, seinem Bewusstsein, seinen Gefühlen ein ganz persönliches Denkmal zu setzen, um mit dem Leben fertig zu werden, damit es ihn nicht umbringt.

Wichtig ist der Prozess des Schaffens. Seine Bilder sind ergreifend. Es ist nicht wichtig zu wissen, die Wiese mit Bäumen und der Decke, der Frau und den Kindern, sind Erinnerungen aus seiner Kindheit. Es ist ein schöner Moment, ein Bild, welches seit langer Zeit schon in den Räumen meiner Erinnerung hängt. 

Auch Bilder über seine finsteren Zeiten sind sein Thema. Motive, die stark berühren, auch ohne Kenntnis der Hintergründe. Wäre ich im Besitz eines Bildes von Emil Nolde, von E. L. Kirschner oder eines Gemäldes von Max Beckmann, würde ich ein Bild von Rainer Bogunski dazu hängen. Ein visuelles Echo. Rainer Bogunskis“…mit Jan zusammen ausstellen? …diese Formate, sieh seine Technik…..wie sollen meine Bilder dagegen bestehen…“

Gut, dass Bourgunski nach langem Zögern und Zaudern seine Bedenken in der Grube zurückließ. Bogunski und Focke—Focke und Bogunski.

Eine Ausstellung, wie sie in Magdeburg selten zu sehen ist. Nicht nur die bewusst gewählte Petersburger Hängung, auch die Harmonie und gleichberechtigte Mischung der Auswahl sind angenehm, laden mich ein zu verweilen, zu entdecken, zu staunen und mich sehr wohl zu fühlen und in meinen Gedanken zu schlendern. Eine gelungene Balance.

Jan Focke und Rainer Bogunski sind befreundet. Es ist eine schöne Freundschaft voller Seele. Eine Künstlerfreundschaft, wie sie heutzutage selten zu finden ist. Ohne Neid, Missgunst, voller Respekt vor der Arbeit des Anderen. Zwei Künstler, deren Arbeiten nicht unterschiedlicher sein können, stellen zusammen aus.

Die Original Rottersdorfer Blaskapelle spielt das Steigerlied. Das kracht. Ein origineller Auftakt. Ein enger Freund, der Schauspieler Jochen Gehle, sagt zur Eröffnung in der Galerie Süd in der Sudenburger Feuerwache einige Worte und er singt das Steigerlied mit viel Gefühl, Anteilnahme und bebenden Lippen. Er sinniert über den Steiger als Metapher für den Künstler und über den Künstler als Metapher für den Steiger. Bourgunski fühlt sich wie ein Steiger. Er steigt in die lichtlosen Tiefen des Lebens, in den Stollen seiner Seele—sucht, findet und sondiert.

Er malt nicht, um zu zeigen, was er kann, sondern um zu zeigen, was er, der Künstler/Steiger, in der Zeche seines Herzens findet. Was für eine Freude.

FOCKE & BOGUNSKI, eine janusköpfige Ausstellung zweier Kunst-Charakterköpfe, nur noch zu sehen bis 1. März in der Magdeburger Galerie Süd.

PS: Abonnieren Sie unseren Newsletter, wenn wir Sie über Kunst und Kultur in Mitteldeutschland auf dem Laufenden halten sollen.

Newsletter

Hinweise auf neue Beiträge und unsere Kulturtipps erhalten Sie nur über unseren Newsletter: