KUNST/MITTE Notes

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Street. Life. Photography

17.06.2018, Karl Ludwig Weise

Zur diesjährigen Triennale der Photographie in Hamburg waren 320 Künstler in etwa 80 Locations zu sehen. Unter dem Thema Breaking Point — unlearning x rethinking x restarting will das Festival genau das Anregen: Gewohntes verlernen, umdenken und anders handeln. Das Haus der Photographie in den Deichtorhallen zeigt dazu seinen Teil [SPACE].

[SPACE] STREET. LIFE. PHOTOGRAPHY soll eine Allseitenbetrachtung der Street-Photography sein. Quer durch 70 Jahre des Genres werden junge Positionen neben die alte Garde gehängt. Schön sauber kuratiert in die Bereiche Street Life, Crashes, Public Transfer, Urban Space, Lines and Signs, Anonymity und Alienation. Klingt nach einer ganzen Menge Betrachtungsarbeit; ist es aber nicht.


Blick in die Ausstellung: [SPACE] STREET. LIFE. PHOTOGRAPHY

Beim Gang durch die Ausstellung erkennt man, dass die Straße einen viel größeren Teil unseres Lebens einnimmt, als wir ihr womöglich zugestehen wollen. In unserer Kulturgeschichte nehmen das Wohn- oder Esszimmer zwar einen größeren Rang ein, doch ist die Straße ihnen dicht auf den Färsen. Sie ist—zumeist—Durchgangsort, auf dem sich ganz unbemerkt das Leben abspielt. Deshalb lohnt es sich auch durchaus, mit dem Kissen auf der Fensterback zu fläzten und dem Schauspiel zuzusehen.

Hier begegnen wir Menschen, die eigentlich nicht Teil unseres Alltags sind. Nur hier können wir Batman in der New York Subway begegnen oder das tragische Drama zwischen Obdachlosen und Polizei begaffen.


Ausstellungsansicht von: Tommy Bahama 01, Coming Soon, 2008-2014, von Natan Dvir

Beispielgebend dafür ist das Bild von Natan Dvir eine zynische wie exakte Beschreibung der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten im späten Kapitalismus. Vor einem Pool unter Palmen sitzt ein einfacher Straßenverkäufer. Erst bei im zweiten Moment sieht man, dass es sich um ein Mega-Poster handelt, das die Eröffnung eines Geschäfts ankündigt: »Make life one long weekend«.

[SPACE] STREET. LIFE. PHOTOGRAPHY ist ein gelungener Einstieg in die Street-Photography der letzten 70 Jahre. Der Geschichte des Hauses sei es geschuldet, dass hier in großen Teilen die Arbeiten aus der Sammlung F.C. Gundlach und Falkenberg gezeigt werden. So bleibt es allerdings nur bei einem bedingten Blick über den Tellerrand dieser Sammlungen hinaus. Um sich dem Thema zu nähern ist es jedoch eine gute Wahl sich von einem Haus wie diesem und F.C. an die Hand nehmen zu lassen und die Street Photography zu entdecken.

Die Ausstellung bietet die Chance eine neue Wirklichkeit zu entdecken. Einen neuen Blick. Einen Blick durch die Augen eines Anderen. Wenn diese Ausstellung also zum Umdenken und Neu-Sehen beitragen soll, dann indem sie die Sicht auf die Straße freigibt, als einen Ort, auf dem sich das wahre Leben abspielt.

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