Vom Friseursalon in die Galerien. Dies ist der Werdegang der 53-jährigen Nicole Gerst. Aus einer Friseurfamilie stammend, leitete sie 25 Jahre ihren eigenen Salon und beschäftigte dort einige Mitarbeiter. Auf einem Trödelmarkt wollte sie vor ein paar Jahren einige Friseurutensilien verkaufen. Ohne wirkliche Erwartungen stellte sie auch ein paar selbstgemalte Bilder hinzu. Richtig gemalt hatte sie schon viele Jahre nicht mehr. Privates Kunstschaffen war im stressigen Berufsalltag stets untergegangen.
Als sich ihr dann überraschend ein Galerist vorstellte und anbot, ihre Kunst bei sich auszustellen, entstand ein Gedanke, der einen Großteil ihres heutigen Lebens ausmacht. Nicole Gerst nahm sich das Lob des Galeristen zu Herzen, griff wieder zum Pinsel und entdeckte erneut die Kunst für sich. Sie entwickelte Gefallen daran, aus ihrer Fantasie skurrile Kreaturen zu schaffen. Es sind meist kleine puppenartige Wesen, die aussehen, als hätten sie sich aus einem Comicbuch in die reale Welt verlaufen. Es sind auffallende Kreaturen, welche einem trotz oder vielleicht genau wegen ihrer optischen Eigenarten, die immer auch etwas über ihren Charakter ausdrücken, sehr vertraut erscheinen. Wie von einer Friseurin zu erwarten, haben diese Figuren oftmals viel Fell und Haar in den unterschiedlichsten Stilen.
Als Inspiration für Nicole Gersts Werke dienen oft Gefühle oder Stimmungen, welche sie versucht, als Lebensform darzustellen. Gern bedient sie sich auch der fantastischen Literatur und interpretiert Figuren aus alten Geschichten und Märchen neu. So entstand zum Beispiel eine Bilderserie um die Figuren rund um Rotkäppchen. In ihrer Kunst/Mitte-Ausstellung wird Nicole Gerst eine ihrer neusten Kreationen vorstellen: Eine Bilderserie zu einem wahren Klassiker der Literaturgeschichte – Goethes Faust.
Die Künstlerin wünscht sich, dass die Betrachter ihrer Werke sich mit einem Schmunzeln in den Kreaturen wiederfinden. Sie möchte, dass die Macken ihrer Figuren uns an uns selbst erinnern und zu humorvoller Selbstreflexion anregen. Ihre Motive und deren Aussagen sollen nicht zu ernst sein. Damit schlägt Nicole Gerst einen sehr individuellen Weg ein. Doch ihr großer Wiedererkennungswert zeigt sich auch außerhalb des Motivs. So recycelt sie alte, prunkvolle Bilderrahmen und färbt diese golden. Viele ihrer Bilder sind mit einem solchen Rahmen verziert. Im weiteren Prozess lässt sie sich eine Holzplatte anfertigen, auf der dann mit Tusche und Acryl gemalt wird. Wenn ein Werk fertiggestellt ist, lässt sie ihre „kleinen Freunde“ gern noch eine Weile in ihrer Wohnung, die zeitgleich als Atelier dient, hausen. Anschließend stellt sie die Bilder in Galerien aus und verkauft sie an Interessierte.
Dabei kreuzte sich ihr Weg bereits ein paar Mal mit deutscher Prominenz. Eines ihrer Werke schaffte es bereits in die TV-Show „Noch nicht Schicht!“ von Sebastian Pufpaff. Dort ging Nicole Gerst dem Aufruf nach, eine Geruchseinheit künstlerisch darzustellen und tat dies selbstverständlich mit einer ihrer liebenswerten Kreaturen. Ein anderes Mal wurde einer ihrer Kunstdrucke vom Komiker Abdel Karim gekauft. Außerdem durfte Nicole Gerst bereits die Seiten eines skurrilen Weihnachtsgedichtbandes namens „Mist und Myrrhe“ illustrieren. Nicole Gerst ist der Meinung, dass ihre Gesprächigkeit aus den Zeiten als Friseurin ihr in den vergangenen Jahren zu einigen spannenden Begegnungen verholfen hat und sie freut sich voller Neugierde darauf, auch in Magdeburg wieder mit großartigen Menschen in Kontakt zu treten.
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