KUNST/MITTE Notes

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Den Stein bezwingen

30.08.2020, kompakt redaktion

Titus Reinarz‘ Werke sind vielerorts zu finden. In Bad Honnef beispielsweise und in Köln, in Aachen und sogar in der französischen Gemeinde Sailly-Laurette. Seine Skulpturen sind es, die den öffentlichen Raum schmücken – Brunnen, Kirchen, Denkmale. Und so vielseitig das Material ist, mit dem der Künstler arbeitet, so vielseitig sind auch die von ihm erschaffenen Werke. Neben Skulpturen von Tieren finden sich vor allem Skulpturen von Menschen in seinem Repertoire, darunter Heilige und auch Politiker. Konrad Adenauer und Hans Böckler etwa zieren das dritte Obergeschoss des Kölner Ratsturmes – von Titus Reinarz in französischem Kalkstein verewigt.

Dass der 1948 in Bad Honnef geborene und heute in Sinzig lebende Skulpteur, Zeichner und Grafiker ausgerechnet diesen Berufsweg einschlagen würde, zeichnete sich früh ab. „Schon als Kind kam ich mit der Kunst in Berührung, denn mein Vater war Bildhauer und Maler. Dass auch ich mich beruflich der Kunst widmen würde, war eine logische Schlussfolgerung, die sich im Laufe des Heranwachsens ergab“, erklärt Titus Reinarz. Vor allem die Bildhauerei faszinierte ihn von Anfang an. „Sie beinhaltet, ein Raumgefühl zu entwickeln. Zum Studium gehört daher unter anderem die Auseinandersetzung mit dem Raum, mit der Architektur. Mit den Händen Formen zu schaffen, heißt auch, sich auszudrücken. Es entsteht mit der Zeit eine eigene Handschrift.“ Die Grundlagen für seine Handschrift eignete sich Titus Reinarz beim Kunststudium an den Kölner Werkschulen (später Fachhochschule für Kunst und Design) Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre an. Zwischenzeitig als Dozent der Fachhochschule Köln, Fachbereich Kunst und Design, sowie als Dozent der Volkshochschule Bonn, Fachbereich Aktzeichnen, tätig, arbeitet der Bildhauer seit 1992 als freischaffender Künstler.

Titus Reinarz – Eule, Marmor

Seine Vorliebe: Stein – sowohl die in der Eifel heimische harte Basaltlava als auch italienischer Marmor. „Bei meinen vielen Aufenthalten in der Nähe von Carrara, wo auch Michelangelo einst wirkte, lernte ich den dortigen Marmor kennen und schätzen. Auch wenn die Steinarbeit anstrengend ist und viel Kraft erfordert, ist sie sehr reizvoll und spannend, weil man – anders als beim Malen – bei der Arbeit in Stein wegnimmt. Fehler verzeiht das Material daher nicht. Was zu viel weggehauen wurde, ist unwiederbringlich weg“, schildert Titus Reinarz, der seine Inspirationen aus Erlebnissen schöpft, sei es beim Reisen oder im alltäglichen Leben. „Die Bildhauerei ist Bildsprache ­– auch die Malerei. Sie teilt mit. Ohne Erlebnisse kann man nichts mitteilen“, fügt er an.

Die Arbeit in Stein beschreibt der Künstler als körperlich anstrengend. Ebenfalls sei es jedoch eine große Befriedigung, das Material zu bezwingen. Wie etwa im Falle der „Fortuna“, einer Großplastik, gefertigt in Basaltlava, die fast 1,80 Meter groß ist. „Völlig anders ist die Bearbeitung in Marmor. Dieser ist kristallin, der Meißel muss vorsichtig angesetzt werden, um zu verhindern, dass Stücke wegsprengen. Er ‚verbrennt‘, wenn man ihn falsch bearbeitet, das heißt, man verletzt die Kristalle im Marmor“, beschreibt Titus Reinarz und fügt abschließend noch ein treffendes Zitat von Michelangelo an: „So wie man abnimmt langsam nur, innen im harten Berggestein, sich findet ein Niederschlag lebendiger Figur, der mehr erwächst, je mehr der Stein verschwindet.“  (Tina Heinz)

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