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Mehr Raum für Kunst: Die neue Städtische Galerie in Braunschweig

09.02.2018, Kathleen Kalle

Entgegen aller Indizien behaupte ich immer: Braunschweig ist eine Kunststadt. Man merkt es recht bald, wenn man beispielsweise am Bahnhof ankommt. Der Blick vom Bahngleis fällt schnell auf die Spitze der sogenannten Toblerone, dem ehemaligen Postgebäude. Auf LED-Tafeln werden in regelmäßigen Abständen Arbeiten von Studierenden und Absolventen der Hochschule für Bildenden Künste (HBK) gezeigt. Eine schöne Möglichkeit Arbeiten von Videokünstlern prominent auszustellen.

Weiter geht die Fahrt. Vorbei am wieder eröffneten Herzog Anton Ulrich Museum, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft das Museum für Photographie eines der Torhäuser bewohnt. Vorbei am knallbunten Rizzi-Haus; vom Pop-Art-Künstler James Rizzi. Auch das ehemalige Schloss, in dem sich neben Einkaufszentrum und Bibliothek das Städtische Museum befindet, lasse ich heute links liegen. Das Ziel des Tages ist der Braunschweiger Norden.

In der Hamburger Straße vermutet man als Braunschweiger zunächst keine Kunst. Das Eintracht-Stadion, der Blick auf das Volkswagenwerk und das fast noch neue Erlebnisbad sind die bekanntesten Bewohner der lang gezogenen Straße. Und nun soll mit der halle267 – städtische galerie braunschweig Kunst hier ebenfalls prominent besetzt werden. Hinter der Halle mit der Hausnummer 267 verbirgt sich bereits seit 2010 eine Kunstfläche. Unter dem Namen RaumLABOR wurde das Projekt hauptsächlich von der HBK bespielt. Aber nicht nur die Hochschule zeigte Ausstellungen, sondern auch der Bund Bildender Künstlerinnen und Künstler und der Verein Artcore, der mit seinem Konzept—Ausstellungen zu Events zu machen—im letzten Januar viele Besucher überzeugte.

Dank dieser Vorläufer hat die Stadt Braunschweig im vergangenen Jahr beschlossen die Halle zu einer offiziellen Städtischen Galerie auszurufen. Die neue Zeitrechnung beginnt mit einer Einzelausstellung von Hanna Nitsch, die am 25. Januar 2018 eröffnet wurde. Die in Braunschweig lebende Künstlerin zeigt in Großer Wurf 1 von Fotografie über Skulptur bis Videoart ihre vielseitigen Schöpfungen. Kernstück der Ausstellung ist eine überlebensgroße Fototapete mit dem Selbstbildnis der Künstlerin. Für Hanna Nitsch—die sich mit Perücke, blauer Kunstlederjacke und Stoffhund porträtierte—ein Werk welches eine Reaktion auf und Versöhnung mit Joseph Beuys ist.

Ein geschickt und fast schon appetitlich platzierter Vorschlaghammer auf einem verspiegelten Podest, weckt hingegen die Lust auf eher Unversöhnliches. Dancing with a Hammer führt als freistehendes Werk weiter in die weiträumige Halle, deren scheinbare Leere den ausgestellten Stücken zugute kommt. Sich immer nur an der Wand entlang zu bewegen, ist eher etwas für altehrwürdige Gemäldegalerien. In der modernen Kunst gehört das raumgreifende Moment einiger Werke zum guten Ton.

In einem abgetrennten Raum der Ausstellung finde ich Zeichnungen, die dann doch an der Wand angebracht sind. Redux #3 und Redux #1 zeigen Kinder oder eher Kinder auf der Schwelle zum Erwachsensein. Realismus trifft auf Konstruktion, ich entdecke feine Raster und Linien hinter der Tuschezeichnung. Es sind Bilder, die man nah und fern ansehen muss; nur so kann man wirklich alles sehen.

Das gilt natürlich für Kunst ganz generell. Mit dieser ersten Ausstellung in der halle267 ist in der Tat ein großer Wurf gelungen. Mein Blick kann sich an dem Spektrum des Gezeigten kaum sattsehen und ein paar der Werke hinterlassen auch noch Tage später Eindruck bei mir. In dem Fall waren das der schon genannte Hammer und einer der drei Video-Loops mit dem Titel Burn!. Dieser zeigt ein brennendes Haus an dem eine Joggerin gleichgültig vorbeiläuft, über die Bilder ist ein Text gelegt.

Ein schöner Auftakt für mehr Kunst in der Stadt. Noch bis zum 4. März 2018 ist die Schau zu sehen, begleitet von einem Rahmenprogramm aus Lesungen, Vorträgen, Führungen und Workshops.

Um in den kommenden Jahren vielseitige Kunstprojekte und kreatives Schaffen zu zeigen, setzt die Städtische Galerie auf ein offenes Konzept: Künstlerinnen und Künstler der Region sind aufgerufen sich bis zum 15. März 2018 für eine Ausstellung im nächsten Jahr zu bewerben. Die Auswahl und die Konzeption der zukünftigen Ausstellungen werden über ein künstlerisches Gremium gesteuert. Für 2018 stehen die Ausstellen bereits fest, wie etwa die Jahresausstellung des BBK im Herbst.

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