KUNST/MITTE Notes

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Die im Lichte sieht man, die im Dunklen nicht

22.12.2017, Dorothea Hertel

Das Wichtigste zuerst: Es gibt sie! Und sie sind viele: Mäzen. Dieses Engagement ist ganz persönlich motiviert, wird im Privaten vereinbart, kann sich monetär oder immateriell darstellen und erlangt zuweilen eine gehörige Öffentlichkeit. Im Idealfall wird keine Gegenleistung erwartet. Der Begriff Mäzen wurde abgeleitet vom Namen des Gaius C. Maecenas, der Dichter wie Vergil, Properz und Horaz förderte.

Weil Künstler zum Leben und freien Schaffen weit mehr als den schnöden Mammon brauchen, wollen wir genauer hinsehen, wer Mäzen ist?

Mäzenatentum bedeutet für mich Support und Teilhabe. Meistens wird es von beiden Seiten als Privileg empfunden. Die Nähe von Förderer und Künstler kann ganz unterschiedlicher Natur sein. Es gibt Kunstfreunde, die beispielsweise Kunststudenten monatlich bei der Mietzahlung unterstützen, damit diese nicht einem Nebenjob nachgehen müssen, sondern sich ihren Studien widmen können. Auch übernehmen private Förderer mal einen Materialeinkauf oder realisieren einen Katalog; bis hin zur Finanzierung eines Messeauftritts kann dies reichen. Andere kaufen als Sammler in Ateliers und Galerien, um die Werke später musealen Einrichtungen zu stiften, die selbst einen zu geringen Ankaufsetat haben. Oder sie statten mit Kunst ihre Firmengebäude aus. Dies alles ist wichtig, weil Kunst gesehen werden will; hierzu gehört nicht die kostenfreie Dekoration von Arztpraxen.


Portrait Theo van Gogh, 1887 gemalt von seinem Bruder Vincent van Gogh, der Zeit seines Künstlerlebens von Theo unterstützt wurde. Quelle: Wikipedia

Diejenigen, die völlig selbstlos unterstützen, erhoffen in der Regel höchstens, dass die Künstler dies einfach nutzen. Andere erwarten, dass sie etwa die ersten sein werden, die von einer neuen Werkreihe erfahren und eingeladen werden, vor anderen betrachten und auswählen zu dürfen. Hierbei können natürlich auch reduzierte Preise ausgehandelt werden, wenn es für beide Seiten und den Galeristen in Ordnung ist.

Inwieweit Bevorzugungen zu sehr in den persönlichen Bereich des Künstlers hineinragen, sollte dieser klar abstecken und formulieren. Denn zuweilen mischen Mäzene sich sogar in den Werkprozess ein oder suchen eine zu freundschaftlich-persönliche Nähe.

Wirkungsvolle Unterstützung in Form von Öffentlichkeitsarbeit leisten Sammler, wenn sie andere mit ihrer Leidenschaft begeistern und ihre eigene Strahlkraft nutzen, um die Künstler ins Licht zu holen: Nehmen wir beispielsweise Online-Plattformen wie artitious.com oder unsere Sammlungsausstellungen, für die ein zeit- und geldwerter Aufwand betrieben wird, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Relevant sind auch die verschiedenen Freundeskreise der Museen und kommunalen Galerien, durch deren Beiträge und Spenden Ausstellungen immer wieder ergänzt werden. Darüber hinaus gibt es privat initiierte Institutionen wie outset, die Gelder sammeln, um mit diesen ausgewählte Kunsthäuser in Form von Werk-Schenkungen zu bereichern.


Das gemeinnützige Barberini Museum in Potsdam gehört zur Hasso Plattner Stiftung und zeigt hier 170 Werke. Nach Schlussfolgerungen des Handelsblatt befindet sich das Gemälde im Privatbesitz des Mäzen Hasso Plattner: Edvard Munchs Gemälde „Mädchen auf der Brücke“ von 1902 erzielte bei Sotheby’s im November 2016 54,5 Millionen Dollar. Foto: taz.de

Schwierig wird die Angelegenheit, wenn die Kultur- und Kunstförderung zum Instrument wird, sich mittels eines gönnerhaften Verhaltens von heiklen Geschäften reinzuwaschen oder Kunst politisch zu missbrauchen. So gibt es nicht wenige Investoren, die jahrzehntelang ausbeuterisch handeln und dann im Zuge einer vermeintlichen Altersmilde versuchen, sich als Gutmensch/Mäzen ins Rampenlicht zu stellen, indem sie einen großen Teil ihres Vermögens einer Art Foundation stiften oder eine eigene gründen. Schon Maecenas soll die Dichtungen seiner Schützlinge eigennützig, propagandistisch benutzt haben, um seine diplomatischen Interessen durchzusetzen.


„In seiner Brust“ (1937) von Paul Klee wurde der Kunstsammlung NRW aus Privatbesitz geschenkt. Foto: dpa, R. Vennenberg, Quelle: amica.de

Die im Lichte sieht man, die im Dunklen nicht: Als Mäzen oder Förderer können wir ehrlichen Herzens jeden bezeichnen, der Kunst wahrnimmt, in Ausstellungen und auf Messen nach aktuellen Positionen stöbert und das Gespräch darüber sucht. Die Vermittlung von Kontakten, Ausstellungsräumen oder eigenem, z.B. juristischem, Wissen ist ebenso wichtig für Künstler wie Kunstkäufe, eine Katalogfinanzierung oder regelmäßige monetäre Zuwendungen. In diesem Sinne sind Aufbaugalerien auch so schätzenswert, da sie authentisch und frei sind in der Auswahl, die sie uns zeigen, und weil sie jede Menge Geld, Zeit und Kraft in ihre Künstler investieren, bis diese eben auf den Markt gehen zu größeren Galerien. Jedem, der seinen kunstsinnigen Interessen folgt, sei an dieser Stelle gedankt—wir alle freuen uns auf inspirierende und wertvolle Kunst-Begegnungen im neuen Jahr! Wir wünschen schöne Festtage!

Recherchiert hat für Sie Jana M. Nortisch vom Collectors Club Berlin.

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